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Vortrag und Führung jüdischer Friedhof in Linz. 

„Haus der Ewigkeit“

  • Foto: Dr. Joachim Hahn

Linz, 09.11.2010

Der Deutsch-Israelische –Freundeskreis Linz gedachte am Jahrestag der Pogromnacht der Opfer des Naziterrors. 

Auf dem jüdischen Friedhof  am Wolfsacker referierte die stellvertretende Vorsitzende Gisela Görgens über Tod, Sterben und Bestattung im Judentum:

Im Talmud steht der folgende Satz: „Wenn einer einen Menschen vernichtet, ist es als ob er eine ganze Welt vernichtet hätte - und wenn einer einen Menschen rettet, ist es, als ob er eine ganze Welt erhalten hat.“

Es ist ganz wichtig, dass der Name erhalten bleibt. Der schlimmste Fluch im Judentum ist  „sein Name soll ausradiert werden“.

In Yad Vashem sind die Namen aller 6 Millionen Opfer der Shoa aufgezeichnet. Ich habe auch den Namen von Friedrich Levy dort gemeldet, dessen Schicksal erst im Jahr 2009 geklärt wurde. Sein Vater liegt hier auf dem Friedhof.

Der Name ist untrennbar mit der Seele verbunden. Was aber passiert mit der Seele nach dem Tod im Judentum?

Es gibt vier verschiedene Vorstellungen:

1.Weiterleben in den eigenen Nachkommen,

2. Leibliche Auferstehung,

3. Weiterleben als unsterbliche Seele im Himmel,

und 4. die Wiedergeburt.

Wenn wir uns  die Vorstellung „Weiterleben in den eigenen Nachkommen“ anschauen, kann das der Grund dafür sein, dass die Nazis ganze Familien ausgerottet haben und darauf achteten, dass keine Nachkommen am Leben blieben.

Für die Vorstellung der „leibliche Auferstehung“ wenn der Messias kommt, muss  ein Teil der Gebeine erhalten sein. Das ist auch der Grund dafür, dass jeder jüdische Friedhof intakt bleiben muss bis zum Erscheinen des Messias, da dann die Toten aus den Gräbern auferstehen.

Es ist kein Zufall, dass Auschwitz zu einem Symbol der totalen Ausrottung wurde. Dort wurden auch die Knochen verbrannt und die Asche verstreut und somit auch die Seele getötet. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass zumindest alle Namen irgendwo weiter bestehen. In Yad Vashem wurden sie gesammelt und man hofft, dass die Opfer der Shoa von dort beim Erscheinen des Messias auferstehen können.

Der menschliche Körper wird im Judentum als die Verkörperung Gottes auf Erden angesehen. Deshalb ist für die Juden der menschliche Körper heilig. Deswegen muss auch der Leichnam mit Respekt und Liebe behandelt werden.

Auf der anderen Seite wird aber im Judentum der Leichnam als unrein angesehen. Einem Priester war es deshalb nicht erlaubt, mit einem Leichnam in Verbindung zu kommen. Wenn das trotzdem passierte, musste er ein rituelles Bad nehmen, bevor er wieder im Tempel dienen durfte.

Für das Judentum wäre es deshalb auch undenkbar, Tote unter dem Boden oder in der Wand eines Gotteshauses zu bestatten; ebenso ist es für das Judentum undenkbar, ein Gotteshaus in einen Friedhof zu bauen oder eine Grabstätte in der Mitte einer Stadt. Leider trifft das in Koblenz zu, wo nach dem Krieg die Franzosen aus der Leichenhalle die jetzige Synagoge errichteten.

Man nennt den jüdischen Friedhof „Haus der Ewigkeit“. Der jüdische Verstorbene hat bis zum Erscheinen des Messias ein Anrecht auf seinen Bestattungsplatz.

In Israel werden die Toten nicht in Särgen begraben, sondern in Tücher gehüllt. In Deutschland ist das verboten.

Vor dem Tod wird oft ein Fenster geöffnet, damit die Seele hinausfliegen kann. Ein weiterer Brauch ist es, die Spiegel zu verhängen. Dafür gibt es wieder mehrere Deutungen: Entweder soll verhindert werden, dass sich die Seele in einem Spiegel verfängt, also "in eine Falle gelockt wird", oder dass sich der Leichnam darin spiegelt und bald ein zweiter Todesfall im Haus auftritt.

Wir gehen jetzt zum Grabstein von Gustav Braun ( 2. Reihe ganz links)

Gustav Braun ist der ehemalige Nachbar von Christel Klein und im April 1933 noch mit großen Ehren hier beerdigt worden. Er hatte hoch dekoriert mit EK 1 und EK 2 an dem Veteranenumzug teilgenommen und ist während diesem ganz plötzlich tot umgefallen. Unter großem Anteil der Bevölkerung wurde er beerdigt. Die Familie war sehr gläubig und die Trauerzeit lief nach folgenden Regeln ab:

Mit dem Eintritt seines Todes begann für die nahen Angehörigen eine Trauerzeit, welche die Periode bis zur Bestattung umfasste. Während dieser Zeit sind die Trauernden von jeder religiösen Pflicht befreit, sie brauchen nicht zu beten und können sich ganz ihrer Trauer hingeben.

Im Gegensatz zum Christentum gibt es im Judentum keine Bestattungsfirmen. Die Bestattung und die Vorbereitung darauf werden durch die Chewra Kadischa (Heiliger Bruderschaft) übernommen.

Diese Vereinigung bereitet den Toten für die Bestattung vor. Dazu gehört eine gründliche Waschung des Toten. Der Leichnam wird dafür auf ein Brett gelegt. So ein Brett existiert noch in der ehemaligen jüdischen Schul. Dort steht es auf dem obersten Speicher in der letzten Ecke.

In vielen Gemeinden wird für das Wasser, mit dem diese Reinigung durchgeführt wird, ein irdener Topf benutzt; anschließend wird er zerschlagen und die Scherben in den Sarg gelegt.

Dem Leichnam wird die Totenkleidung angezogen. Diese ist ein langes weißes Gewand und eine weiße Kopfbedeckung. Der Mann bekommt seinen Tallit, das ist der Gebetsmantel, mit in den Sarg, wobei an einer Ecke die Franzen entfernt werden.

Die Mitglieder der Chewra Kadischa verrichten dies Dienste an dem Toten meist in einem Raum auf dem Friedhofsgelände. Dafür gibt es ganz genaue Richtlinien, die peinlich befolgt werden müssen. Die gesamte Zeremonie ist für alle gleich. Jeder bekommt das gleiche Gewand und den gleichen sehr einfachen Sarg, der von der Gemeinde geliefert wird und keine Nägel haben darf. Jeglicher Pomp bei der Beerdigung und bei allem, was mit ihr zusammenhängt, ist untersagt.

In den Sarg kommt auch ein Säckchen mit Erde aus Israel. Damit ist der Tote in seiner Heimaterde auch mit Eretz Israel verbunden.

In Israel wird der Tote noch am selben Tag vor Sonnenuntergang begraben. Bei uns hier frühestens am nächsten Tag.

Wir gehen weiter zum Grab von Wolfgang David (in der 4. Reihe ganz hinten)

Wolfgang David hat in dem Haus gewohnt, in dem ich jetzt wohne. Er verkaufte es 1905, nachdem seine Frau gestorben war, an den Großvater meiner Vermieterin und zog zu seinem Bruder Daniel ins Haus. Dort wo jetzt Shusi drin ist.

Die Bestattung beginnt mit einer Trauerfeier auf dem Friedhof in einem dafür vorgesehenen Raum. Ich weiß leider nicht, wo dieser Raum sich hier befunden hat. Was wir hier sehen, ist nur noch ein kleiner Rest des ursprünglichen Friedhofes, der hinunter bis zur Asbacher Straße reichte.

Nach einem einleitenden Gesang des Kantors wird eine Trauerrede von einem Rabbiner gehalten. Hier in Linz hatten wir keinen Rabbi. Ich weiß nicht, ob für Beerdigungen einer angefordert wurde, oder ob der Lehrer, der ja auch Kantordienste leistete, diese Aufgabe übernommen hatte.

Danach folgt ein Gebet, das als Zidduk ha-din (Anerkennung der göttlichen Gerechtigkeit) bezeichnet wird: „Gott hat gegeben und Gott hat genommen; der Name Gottes sei gelobt.“ (Hiob, 1,21)

Daran schließt sich dann ein Gebet für das Seelenheil des Toten an; seine Seele möge Ruhe und Frieden finden. 

Jetzt wird von den trauernden, nahen Verwandten des Verstorbenen, die so genannte Kria vorgenommen. Die Kria ist ein Riss: Zum Zeichen der Trauer zerreißt man seine Kleider. Dafür gibt es feste Regeln, indem für die Eltern auf der linken Seite, für andere nahe Angehörige auf der rechten Seite vom Halse an ein Stück senkrecht eingerissen wird und sieben Tage, bzw. für die Eltern dreißig Tage, nicht vernäht werden darf. Auf diese Weise soll der Schmerz nach außen sichtbar gemacht werden.

Jetzt gehen wir zum Daniel David, dem Bruder von Wolfgang. ( 2. Legeabschnitt auf der rechten Seite  - 1. Reihe – 2. Grab vom Weg)

An den erhobenen segnenden Händen auf dem Grabstein kann man erkennen, dass die Davids von Cohen abstammen. Darüber werde ich aber später noch etwas sagen.

Ich werde jetzt weiter von der Beerdigung erläutern. Nach dem Beten und dem Einreisen der Kleidung wird der Sarg zu dem ausgehobenen Grabe gebracht.

Der Gang von der Trauerfeier zum Grabe wird mehrmals unterbrochen, um die Mühsal dieses Weges anzuzeigen, wobei mehrmals das  Gebet rezitiert wird, das wir auch immer wieder bei Gedenkfeiern für die Toten der Konzentrationslager und für die gefallenen Soldaten in Israel hören:

G'tt voller Erbarmen, in den Himmelshöhen thronend, gebe der Seele von (jetzt wird der Name des Toden genannt) die verdiente Ruhestätte unter den Flügeln Deiner Gegenwart, in den Höhen der Gerechten und Heiligen, strahlend wie der Glanz des Himmels. Sieh die gesamte Gemeinde betet für das Aufsteigen seiner/ihrer Seele, so berge sie doch Du, Herr des Erbarmens, im Schutze deiner Fittiche in Ewigkeit und schließe diese Seele mit ein in das Band des ewigen Lebens. Gott sei ihr Erbbesitz, und im Garten Eden ihre Ruhestätte, und sie mögen ruhen an ihrer Lagerstätte in Frieden. Und sie mögen wieder erstehen zu ihrer Bestimmung am Ende der Tage. Und alle sagen wir Amen.“

Das ist das Gebet,

Wenn möglich, wird der Weg zum Friedhof zu Fuß zurückgelegt. Ansonsten wird der Sarg in einem einfachen Wagen zum Friedhof gefahren. Es gibt keinen Prunk. Den letzten Teil des Weges trägt man den Sarg oder die Bahre auf den Schultern.

Jetzt gehen wir zum Grab von Heinrich Levy ( 4. Reihe – 2. Grab vom Weg)

Heinrich Levy ist der Vater von Friedrich Levy, dessen trauriges Schicksal erst im letzten Jahr geklärt werden konnte.

Nachdem die Beerdigungsgesellschaft das Grab erreicht hat, wird der Sarg sehr behutsam hinab gelassen.

Das Grab wird erst an dem Tag ausgehoben, an dem die Beerdigung stattfindet. Alle Anwesenden werfen drei Hände oder eine Schaufel Erde auf den Sarg (in Koblenz wurden 3 Schaufeln Erde mit der linken Hand auf den Sarg geworfen), wobei sie jedes Mal sagen: „Von Staub bist du und zum Staub wirst du zurückkehren.“ (1. Buch Moses 3, 19).

Wenn der Sarg völlig von Erde bedeckt ist, spricht der älteste Sohn das Kaddisch, das auch in Gottesdiensten immer zum Totengedenken gesagt wird. Es hat inhaltlich mit dem Tode nichts zu tun, sondern es ist ein Lob Gottes. Das Kaddisch ist auf Aramäisch und fängt mit den Worten an: „Erhoben und geheiligt werde sein großer Name in der Welt, (die Er nach seinem Willen erschaffen hat und in der sein Reich entstehen wird in eurem Leben und in Euren Tagen und dem Leben des ganzen Hauses Israel, schnell und in naher Zeit. Und sprechet Amen.“ Die ganze Trauergemeinde sagt: „Gelobt sei Sein großer Name für alle Ewigkeit.“) Und das Gebet endet mit: „Der Frieden schafft in seinen Himmelhöhen, wird Frieden schaffen für uns und für ganz Israel. Und wir sagen Amen.“

Der jüdischen Auffassung zufolge ist die Seele des Verstorbenen anwesend und versteht alles, was gesagt wird. Sie kann nur nicht sprechen. Das erklärt auch, dass die Totengräber, nachdem sie das Grab zugeschüttet haben, sich bei dem Toten mit den Worten: „Wenn du das Gefühl hast, dass etwas geschehen ist, das dich beleidigt hat, dann verzeihe uns. Alles, was wir getan haben, war nur dir zu Ehren“ entschuldigen.

Dann spricht man den Trauernden tröstende Worte zu.

Wir gehen jetzt zu dem Grab von Isaac Jacob Cahn ( 5. Reihe – 3. Grab von dem Weg)

Issac Jacob Cahn ist ein Kohen. Die Kohanim haben eine Sonderrolle
Eigentlich ist es aus rituellen Gründen notwendig, separate Eingänge für die Kohanim zu machen, die bei Beerdigungen ihrer Angehörigen nicht an anderen Gräbern vorbei gehen dürfen, weil sie dies unrein machen würde. Die meisten jüdischen Friedhöfe haben keine solchen separaten Eingänge. Die Kohanim dürfen die Friedhöfe nicht betreten, weil sie rein sein müssen bei der Ankunft des Messias und wann das sein wird weiß ja keiner. (Die Kohanim, übten im Tempel den priesterlichen Dienst am Altar aus.)

Bevor man den Friedhof verlässt, wäscht man sich die Hände. Hier bei uns ist das nicht möglich. Es ist üblich vor dem Verlassen des Friedhofs Almosen zu geben, weil die Wohltätigkeit vor dem Tode errettet. Zu diesem Zweck sind am Friedhofsausgang meist Sammelbüchsen aufgestellt. Ich habe auch eine mitgebracht, mit der werde ich am Ausgang stehen. Ich sammele für den jüdischen Nationalfond.

Wir verlassen jetzt das Grab um einen Überblick über den gesamten Friedhof zu haben.

Es dürfen jüdische Gräber niemals eingeebnet werden, um für eine erneute Belegung Platz zu schaffen. Sie haben Bestand für alle Zeiten. Bei Platzmangel legt man eine Schicht Erde über ein Grab und bestattet einen Toten über dem anderen. Beim alten jüdischen Friedhof in Prag, auf dem unter anderem der Rabbi Löw bestattet ist, kann man das eindrucksvoll sehen. Dort gibt es 12 Schichten. Die jüdischen Friedhöfe sind eine wichtige historische Quelle, sie sind  „steinerne Urkunden“, die von einzigartigem historischem Wert sind. Bei den Juden gibt es so etwas wie Kirchenregister nicht. Alle Informationen über den Verstorbenen findet man auf den Grabsteinen.  

Hierzulande wird, wenn das Trauerjahr beendet ist, der Grabstein gesetzt. Als Inschriften findet man häufig, „hier ist begraben“, „hier ist geborgen“. Am Schluss der Grabinschrift sieht man oft die Abkürzung, die ausgeschrieben „Möge seine/ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens“ lautet. Das allerdings alles in hebräisch.

Auf alten Grabsteinen sieht man oft Abbildungen, wie z.B. Hirsch oder Löwe, die auf den Namen des Verstorbenen hinweisen. Hier auf dem Friedhof habe ich allerdings keine gefunden.

Auf der hebräisch beschrifteten Seite des Grabsteins steht nicht nur der Name des Toten, sondern auch der Name seines Vaters. Das Symbol der segnenden Hände , das habe ich ja vorhin schon erklärt, weist auf einen Cohen, einen Angehörigen der Priesterkaste hin und die Kanne auf einen Nachkommen des Stammes Levi, dessen Mitglieder den Priestern im Tempel das Wasser für Waschungen reichten. 

Das Niederlegen und Pflanzen von Blumenschmuck beim Besuch eines Grabes entspricht nicht jüdischem Brauch, um eine Verunreinigung der Toten mit gärenden, säuernden oder sonstigen Nebenprodukten der Zersetzung zu vermeiden.

Jüdische Friedhöfe dürfen nicht kommerziell genutzt werden. Bis ins vorige Jahrhundert hinein war es auf deutschen Friedhöfen üblich, die Grasflächen an ortsansässige Bauern zu verpachten.

Traditionell legt man zum Zeichen des Gedenkens an den Verstorbenen einen kleinen Stein auf den Grabstein. Der Überlieferung zufolge stammt dieser Brauch noch aus der Zeit der Wüstenwanderung. Die Steine sollen auch sagen; ich war hier, habe dich besucht und dich nicht vergessen. Oftmals werden diese Steine von Angehörigen, die aus vielen Ländern anreisen, mitgebracht. Auf jüdischen Friedhöfen sind daher Steine aus der ganzen Welt zu finden.

Die Gräber lässt man im Laufe der Zeit mit Gras oder Efeu überwachsen. Man sieht oft auf jüdischen Friedhöfen, dass einzelne Gräber von Christen gepflegt werden und wie christliche Gräber Blumenschmuck tragen. Im jüdischen Glauben jedoch wird dadurch die Totenruhe gestört. Auf jüdische Gräber dürfen keine Blumen sein. Die Bäume und Gras oder Efeu auf den Friedhöfen ist Gottes Natur und nichts künstlich Angepflanztes.

Mit der Beerdigung endet der erste Trauerzustand, während dessen die Hinterbliebenen von allen religiösen Pflichten entbunden sind. Nun beginnt die Trauerzeit, die in mehrere Abschnitte aufgeteilt ist: Zuerst die Trauerwoche (Schiw'a), dann der Trauermonat (Schloschim) und schließlich, allerdings nur nach dem Tod der Eltern, das Trauerjahr.

Für die Schiw'a besteht die Vorschrift, das Haus nicht zu verlassen, keine festen Schuhe zu tragen und auf niedrigen Schemeln zu sitzen. Man soll nicht arbeiten und sich auch nicht mit dem Studium der Tora beschäftigen, weil das als eine Freude erachtet wird. Der Trauernde soll sich um nichts sorgen müssen; deshalb ist es üblich, dass Freunde und Bekannte gekochtes Essen bringen. Wenn die trauernde Familie nach Hause kommt, nimmt sie eine einfache Mahlzeit zu sich, die von den Nachbarn vorbereitetet wird: etwas Brot und hart gekochte Eier. Man nennt dies „das stärkende Mahl“. Warum eigentlich harte Eier? Weil diese im Judentum die Ewigkeit symbolisieren. Ein Ei hat weder Anfang noch Ende. Der Sabbat unterbricht die Schiw'a, denn am Sabbat soll alle Trauer schweigen. Die Trauernden besuchen die Synagoge; sie werden beim Freitagabend-Gottesdienst in den Raum geführt – meist vom Rabbiner oder dem Vorbeter -, wobei ihnen noch einmal das Beileid der Gemeinde ausgesprochen wird.

Im Trauerhause pflegt man während der Schiw'a ein Licht brennen zu lassen oder auch während des Trauermonats. Laut der Überlieferung pendelt die Seele sieben Tage lang zwischen dem Grab, wo sich der Körper befindet, und dem Heim. Erst nach sieben Tagen versteht sie wirklich, dass alles vorbei ist, und verabschiedet sich endgültig.

Wenn die Zeit der strengen Trauerbräuche beendet ist, beginnt der Trauermonat, in den die Schiw'a mit eingerechnet wird. Während der Schloschim verläuft das Leben wieder einigermaßen normal, allerdings vermeidet man Vergnügungen aller Art. Männliche Trauernde gehen täglich am Morgen zum Gottesdienst, um Kaddisch zu sagen.

Nach dem Tod der Eltern dauert die Trauerzeit ein Jahr; Kinder, die ihre Eltern verloren haben, meiden während dieser Zeit alle Veranstaltungen, die ausschließlich dem Vergnügen dienen. Kaddisch wird von Söhnen elf Monate lang täglich im Gemeindegottesdienst gesagt, im 12. Monat nicht mehr. Wenn keine in religiöser Hinsicht volljährigen Söhne vorhanden sind, kann ein anderer Angehöriger diese Pflicht übernehmen.

Am ersten Jahrestag der Beerdigung, der Jahrszeit, wird im Haus ein Licht angezündet, das 24 Stunden brennt, und an diesem ersten Jahrestag pflegt man mit einem Minjan, also mit 10 religiös mündigen männlichen Personen, das Grab zu besuchen, um dort Kaddisch zu sagen. Die Jahrzeit wird dann in allen folgenden Jahren nicht mehr am Beerdigungstag, sondern jeweils am Todestag (nach jüdischem Datum) begangen.

Mit dieser Führung über das „Haus der Ewigkeit“ war mir sehr wichtig Ihnen vor Augen zu führen, dass die Nazis das jüdische Volk bis in alle Ewigkeit vernichten wollten. Auch die Seelen der  verbrannten Opfer wurden getötet.

Oft wird gesagt: “es kann doch keinen Gott geben, wenn er zulässt, dass so etwas passiert“.

Ich sage immer: „Es gibt einen Gott. Er hat verhindert, dass die Nazis ihr Werk vollenden konnten“.